Objet du mois
Bauerntanz mit Silbermontierung
Ende des Jahres 2007 gelang es uns, dank der finanziellen Unterstützung durch die Deutschsprachige Gemeinschaft und im Rahmen des Fonds Rehker eine wertvolle Neuerwerbung für die Museumssammlung zu tätigen.
Dabei handelt es sich um einen Bauerntanzkrug, der für sich selbst keine Besonderheit darstellt. Allerdings ist er mit einer sehr wertvollen Silbermontierung versehen, die neben dem Deckel und der Henkeldekoration auch den Henkelauslauf und den Fuß umfasst. Solche Krüge aus Rheinischem Steinzeug mit Goldschmiederfassung sind überaus selten, vor allem die Raerener Exemplare. Einfache rundbauchige Krüge aus Frechen hingegen wurden öfter mit einer solch aufwendigen Dekoration versehen, meistens in England und aus dem 16, Jahrhundert stammend. Sie eigneten sich besonders für diese Veredelung, waren sie doch als eigenständiges Gefäß vollkommen unverziert und fielen lediglich durch ihre gesprenkelte „Tiger-“ oder „Hasenfellglasur“ auf. So konnte die Kunst des Goldschmiedes vollkommen zur Geltung kommen. Raerener Renaissancekrüge hingegen, die sowieso schon reiches Dekor in Form von Hals- und Bauchfriesen sowie eingestempelter oder eingeritzter Ornamentik auf Fuß und Schulter trugen, wirkten mit dieser zusätzlichen Dekoration leicht überfrachtet. Tatsächlich diente die Silber- und Goldfassung denn auch weniger zum Schutz des Getränks in den Krügen vor Ungeziefer, so wie dies der Fall bei den einfachen Zinndeckeln war. Viel mehr handelte es sich um höchst wertvolles Kunsthandwerk, das sich nur wohl situierte Menschen leisten konnten und es neben dem praktischen Gebrauch sicher auch als Statussymbol und Dekorationsobjekt verwendeten.
Silberfassung des 19. Jh.
So stammt denn die Silberfassung dieses Raerener Bauerntanzkruges wahrscheinlich nicht aus England und dem 16. Jh., sondern aus dem Rheinland oder dem Lütticher Raum und wurde erst im 19. Jahrhundert angefertigt und angebracht. Darauf deuten die eingepunzten Silbermarken unter dem Fuß hin.
Dies wiederum ist ein weiterer Beleg dafür, wie hoch solche Raerener Gefäße von den Sammlern des 19. Jahrhunderts geschätzt wurden. Immerhin bedeutet es einen erheblichen künstlerischen und auch finanziellen Aufwand, ein Gefäß auf diese Art und Weise zu verzieren.
Besonders schön ist hierbei, wie der Goldschmied sich nicht nur elegant der Gefäßform anpasst, sondern auch noch in seinen eingestochenen und gepunzten Verzierungen im Silber die Dekorelemente des Steinzeugs aufnimmt und sozusagen spiegelt. Vor allem beim Halsaufsatz, auf dem der Deckel ruht, ist dies sehr deutlich zu erkennen. Auch die Montierung des spitzen Henkelauslaufes nimmt in ihrem Dekor die Stempeldekore des Raerener Steinzeugs auf und selbst auf den rundum laufenden schmalen Silberbändern, die dieses Element am Krug befestigen, sind kleine Verzierungen eingepunzt, die den Rollstempeldekoren auf Raerener Steinzeug nachempfunden sind.
Nach englischem Vorbild
Ansonsten ist die Silbermontierung durchaus dem typischen englischen Stil des 16. Jahrhunderts nachempfunden. Max Sauerlandt beschreibt diese hochwertigen englischen Arbeiten in seiner Abhandlung „Über Rheinische Steinzeugkrüge mit englischer Goldschmiedefassung“ aus dem Jahr 19282 wie folgt:
„Die Form der englischen Fassungen rheinischer Steinzeugkrüge schließt sich deren Gestalt stets in zweckgebender Weise an, sie gewinnt bald eine in den Grundzügen immer gleich wiederkehrende, typische Form. Der verhältnismäßig tiefe obere Ansatz der Henkel dieser Krüge veranlasste die ungewöhnliche Gestalt des kastenförmigen, hohlen, mit der Höhe des Mündungsrandes abschneidenden Aufsatzes aus vergoldetem Silberblech, dessen Wandung zumeist mit einfacher balkenförmiger, ein Schachbrett- oder Rautenmuster bildender Gravierung geschmückt wird. Seltener ist die Verzierung mit schraffierten Mauresken ... Auffallend und für die Fassungen aus der Blütezeit der siebziger und achtziger Jahre (des 16. Jh. - Anm. d. Red.) scheinbar unerlässlich ist die Breite des Mündungsbeschlages, die zumeist etwa die Hälfte, bisweilen sogar mehr als die Hälfte der Höhe des Halses bedeckt. (In unserem Fall ist deren Breite durch den Wulst über dem Halsfries, einem typischen Kennzeichen Raerener Krüge aus dieser Zeit vorgegeben - Anm. d. Red.). Dieser Halsstreifen ist oft glatt und graviert, bisweilen gegossen, am häufig-sten aber doch getrieben. Für die Deckelwölbung selbst ist freie und reiche Treibarbeit in jedem Falle die Regel. Die profilierten Deckelknöpfe sind abgedreht, figürlicher Schmuck an dieser Stelle ebenso wie die mannigfaltig, oftmals sehr reich ausgebildeten Daumenauflagen sind natürlich gegossen.
Am häufigsten scheint an dieser Stelle die Form gerollten Blattwerks zu sein. Wir finden weiterhin einen Delphin mit aufwärts gekrümmtem Schwanz; mehrmals begegnet, auch bei Arbeiten verschiedener Meister, die Form gedoppelter Eicheln und das Figürchen einer ein Füllhorn haltenden, fischschwänzigen Meerjungfrau.
Der Kastenaufsatz der Henkelfassung endet zumeist in einem ausgezackten Blatt, das sich über den Abschwung des Henkels legt. ...“.
Herkunft
ungeklärt
Bei unserem Bauerntanzkrug ist die Daumenauflage als doppelt geflügelter Engel (oder Putte) ausgearbeitet - auch dies ein grafisches Element aus dem Formenschatz des 16. Jahrhunderts.
Unter dem Silberbeschlag des Fußes sind drei gepunzte Silbermarken zu erkennen, die wir aber leider bisher nicht genau zuordnen können. Nach Aussage von Patricia Stahl, Kustodin des Historischen Museums Frankfurt, die sich neben Keramik auch intensiv mit Gold und Silber beschäftigt, weist die Meistermarke die Initialen CP auf, was aber keine weiteren Rückschlüsse zulässt, da die Vielzahl der Gold- und Silberschmiede unüberschaubar ist und sich ein einzelner Meister ohne genauere Lokalisierung nicht ermitteln lässt. Eine solche lokale Zuweisung wiederum ist ebenfalls schwierig, da die gepunzten Beschaumarken der Stadt, die durch den Beschaumeister angebracht wurden und Rückschlüsse auf den jeweiligen Herstellungsort zulassen, leider sehr undeutlich sind. Sie lassen lediglich einen Bischofsstab erkennen, was auf eine Stadt mit Bischofssitz hindeutet, doch deren gibt es viele.
Dem gravierten Dekor nach schätzt Patricia Stahl den Entstehungszeitraum der Silbermontierung auf 1840 bis 1860, da sich danach das Punzierungssystem ändert.
Tatsache ist jedoch, dass es sich bei diesem Objekt um einen der ganz wenigen bekannten Raerener Krüge mit aufwändigem Silberdekor handelt. Daher sind wir besonders froh, ihn erworben zu haben und ihn jetzt wieder in seiner Raerener Heimat präsentieren zu können, wenn auch nach vielen Umwegen.
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1 ADLER, Beatrix: Frühe Steinzeugkrüge aus der Sammlung Les Paul, Dillingen/Saar, 2005, S. 189
2 SAUERLANDT, Max: Über Rheinische Steinzeugkrüge mit englischer Goldschmiedefassung. In: Festschrift Karl Koetschau von seinen Freunden und Verehrern zum 60. Geburtstag am 27. März 1908, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, 1928.
Un texte du Musée de la Poterie de Raeren, info@toepfereimuseum.org