Kreation und Reflexion
Zeitgenössischer Tanz zeichnet sich durch den forschenden, kritischen Umgang mit der eigenen Kunstform aus, der in diesem Themenkomplex praktisch wie theoretisch diskutiert wird. Wie und mit welchen Sinnen wird Tanz wahrgenommen und wie informiert dieser wiederum die Wahrnehmung selbst in körperlicher Hinsicht? Welche Begehrensstrukturen ruft Tanz hervor und wie entwickeln sich imaginäre Welten im Prozess des Stückemachens selbst?
Es stehen dabei jeweils unterschiedliche Körperkonzeptionen zur Disposition: In Vorträgen und Performances wird beispielsweise danach gefragt, inwieweit die Aufführung auch mit den Bildern, Vorstellungen und Erwartungen des Publikums verknüpft ist, wie Véronique Fabbri und Julie Townsend ausführen, und in welcher Weise Wahrnehmung und Erfahrung selbst an körperliche Aktionen gebunden sind. Reflexion ist ohne Kommunikation nicht denkbar. Welche Reibungsflächen, aber auch Möglichkeiten ergeben sich dann in den Übertragungswegen zwischen Tanz als flüchtige Kunstform und Sprache beziehungsweise Schrift als vermeintlich bleibende Spur?
Einen weiteren, praxisorientierten Fokus bieten Masterclasses, die verschiedenste methodische Ansätze des Tanztrainings vorstellen; Toolboxes widmen sich dem Phänomen der Vermittlung mediengestützter choreographischer Verfahren. Diese werden von Experten kommentiert, die außerdem anhand von Übungen Navigationshilfen durch die digitalen Pfade geben. Tanz als Beruf wiederum stellt oft extreme Anforderungen an das eigene „Arbeitsmaterial“: Die ausgewählten Beiträge vermitteln hierfür ein Verständnis aus medizinischer Sicht für den sich professionell bewegenden Körper.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie Tanz auf andere Künste einwirkt oder von diesen beeinflusst wird. John Neumeier zeigt den Brückenschlag von Tanz und Musik im Ballett, Forscher des Pariser Instituts IRCAM diskutieren das besondere Verhältnis von Bewegung und Klang. Im Bereich Architektur tritt besonders das Wirken William Forsythes in den Mittelpunkt, dessen kürzliche Arbeiten eine Reihe von Rechercheprojekten zur Frage von Körper, Räumlichkeit und letztlich Architektur mit angeregt haben. Im Genre Film wiederum wird dargestellt, wie hier choreographische Strukturen als ästhetische Prinzipien wirken und mit Tanz in Verbindung gebracht werden können.