Tanzgeschichten
„Die Zukunft entfaltet sich vor dem Schleier der Vergangenheit“, so Franz Anton Cramer – die politische Relevanz einer Kunstform ist insofern immer eng mit ihrer geschichtlichen Bedeutung und Erforschung verbunden. Daher ist dieser Themenblock der Auseinandersetzung von Tanz und seinen Geschichten gewidmet. In den letzten Jahren ist ein gesteigertes Interesse an der Rekonstruktion von historischen Aufführungen sowie der Archivierung der eigenen Arbeit zu verzeichnen – zeitgenössischer Tanz befragt zunehmend sein kulturelles Gedächtnis. Wie wird in diesem Kontext das Gebärdenrepertoire aufgehoben, wer erinnert es und wie wird es weitergegeben? Wie wird Tanz archiviert und wie sehen die Archive der Zukunft aus?
Um der Vergänglichkeit ihrer flüchtigen Kunstform etwas Bleibendes entgegenzusetzen, bemühen sich zeitgenössische Choreographen zunehmend um Dokumentation, Reproduktion und Archivierung ihrer Arbeiten. Im Rahmen dieses Themenkomplexes werden Chancen, Schwierigkeiten und Herausforderungen der Archivierung von Tanz aufgezeigt, die je eigene Ansätze verfolgen: Sei es das Aufbewahren von Dokumenten, das wieder Aufführen von Stücken berühmter Protagonistinnen der Tanzmoderne, die Repertoirepflege als lebendiges Archiv oder der „Vorlass“ künstlerischer Produktionen im Archiv zu Lebzeiten. Den Tanzarchiven kommt dabei die schwierige Aufgabe zu, geeignete Formen zu finden, die den Tanz einerseits als kulturelles Erbe zu bewahren vermögen, andererseits die Kunstform selbst in ihrer widerständigen Spezifik lebendig halten.